Zur klassifikation der nominalkomposita in der deutschen sprache
К содержанию номера журнала: Вестник КАСУ №2 - 2005
Автор: Климова В.
Untersuchungen zum Thema “Nominalkomposita” nehmen
einen bedeutenden Platz in der sprachwissenschaftlichen Forschung ein. Einen
Schwerpunkt dieser Forschung stellen unterschiedliche Klassifikationen von
Nominalkomposita dar. Allerdings betrachtet jeder Sprachwissenschafller die
Frage der Untersuchung der aus zwei Substantiven bestehenden Komposita vom
eigenen Gesichtspunkt.
Da Nominalkomposita als zahlreichster und produktivster
Typ der Zusammensetzungen gelten, werden sie unter verschiedenen
Gesichtspunkten, mit unterschiedlicher Zielsetzung und den Methoden untersucht.
Es wurden viele Versuche gemacht, zu einer detaillierten semantischen
Differenzierung zu erlangen, aber kein von ihnen hatte bisher Dauererfolg.
So hat sich zum Beispiel die Beschreibung der
Komposita „auf der Grundlage generativer Transformastionsgrammatik“ von W.
Kürschner bei der Nachprüfung von Heringer, Gürtner und Gersbach
als höchst fragwürdig herausgestelllt. Kürschner unterscheidet drei
Haupttypen und mehrere Untertypen von Nominalkomposita, jeder von denen durch
bestimmte Pro-Verben gekennzeichnet wird. Anhand dieser Pro-Verben, die
eigentlich Kunstwörter sind wie sich befind, konsumier, transferier,
existier u.a.) bildet Kürschner Praphrasen zu Nominalkomposita, in
denen die syntagmatischen Relationen zwischen den unmittelbaren Konstituenten
explizit sind. Wandbild gehört gemäß seiner Auffassungen
zu einer Gruppe „N sich befind in N“ und wird als „Bild, das an der
Wand hängt/ist/sich befind“ paraphrasiert. Auf dieselbe Weise werden
auch Nominalkomposita mit anderen Verben transformiert. Die
Paraphrasenbeziehung macht aber nicht immer Sinn. Sehr präzis werden die Fälle
der Fehleinschätzung von Heringer betrachtet. Reihenweise steht er in
seinem Aufsatz „Wortbildung: Sinn aus dem Chaos“ Fragen, die beweisen, dass die
Zusammenfassung zu Gruppen bei Kürschner nicht immer gerechtfertigt wird: Ein
Hühnerei mag vom Huhn stammen, aber stammt Erdöl von
der Erde, Landbuttter vom Land? Warum soll eine Weihnachtsfeier
unter dem Relator „stattfind“ mit temporaler Spezifizierung stehen? Eine Weihnachtsfeier muss
doch nicht Weihnachten stattfinden. Ist eine Weihnachtsfeier nicht eine Feier, mit der
oder in der Weihnachten gefeiert wird? Ist Kaffekanne der Ort, wo man Kaffee aufbewahrt?
Die Entstehung von solchen Fragen
wird wahrscheinlich dadurch erklärt, dass Inventare von Pro-Verben sowohl
in Kürschner-Ansatz, als auch in anderen nicht begründet sind. Beispielweise
gehören bei Kürschner Waldblume und Hühnerstall zu
einer Gruppe. Beide werden durch Relator /sich befind/ mit lokaler
Spezifizierung charakterisiert. Das lokale Verhältnis ist doch umgekehrt.
Im ersten Kompositum befindet sich die erste Konstituente in der zweiten
Konstituente (Hühner im Stall) und im zweiten Kompositum – (Blume
im Wald). Auch das Kompositum „Ohrenschmalz“ steht unter dem Pro-Verb /sich
befind/. Das ist auch nicht gerechtfertigt. Der Schmalz kann nicht nur
im Ohr sein, sondern auch aus dem Ohr stammen. Außerdem bleiben die
Bedeutungen von Nominalkomposita mit der Paraphrase unterbestimmt. Heringer
führt dazu sehr überzeugende Beispiele an: „Waldblume muss
sich nicht im Wald befinden. Man kann sie pflücken, nach Hause tragen und
doch bleibt es eine Waldblume. Umgekehrt wird eine Tulpe nicht eine
Waldblume, indem ich sie in den Wald bringe, und sie sich nur dort befindet.“Daraus
folgt, dass es bei der Deutung eines Kompositums nicht reicht nur von einem
Pro-Verb auszugehen.“
Interpretaion der Komposita erscheint als ein
mehrstufiger Prozess und stützt sich auf
· Weltwissen der
kommunizierenden Personen
· usualisierte Beziehungen
zwischen Benennung und Denotat
· sprachinterne Information
über die semantischen Beziehungen der Konstituenten
· textstrukturelle und
situative Einbettung
Heringer schreibt auch von den Aspekten, die dem
richtifgen Verstädnis von Komposita zugrunde liegen. Seiner Meinung nach
ist für das richtige Verstädnis der Nominalkomposita das gemeinsame
Wissen der Partner aussschlaggebend. Heringer betrachtet zwei Teile dieses
Wissens: Dauerwissen und das aktivierte Wissen, das für das
Verstädnis relevant ist. Letztgenanntes wird auch noch als Laufwissen
bezeichnet. Es hat verschiedene Quellen.
Als erste Quelle wird der unmittelbare Kontext des
Kompositums genannt. Was in ihm gesagt oder aus dem Gesagten entnehmbar
ist. Solcher Kontext ist als sprachlicher, linguistischer Kontext (Kotext) aufzufassen.
Zweite Quelle des Laufwissens ist das situationelle
Wissen in der konkreten Kommunikation (der sogenannte aussersprachliche,
situative Kontext). Es umfasst mehrere Aspekte, dazu gehören
kommunikationsbegleitende gestliche und mimische Hadlungen der
Kommunikatiospartner, die räumliche und zeitliche Orientierung usw.
Heringer veranschaulicht das durch das folgende Beispiel: Tratsche ich etwa mit
einem Bekannten über zwei Frauen am Strand und referiere auf eine mittels
Fischfrau, so kann ich darauf vertrauen, dass mein Bekannter auf Grund seiner
Wahrnehmung auch sieht, dass eine der Frauen ein Fischgesicht hat, und darum
versteht, dasss ich meine ‚die Frau, die wie ein Fisch aussieht’
Als dritte Quelle erwähnt Heringer das
episodische Wissen, das ein Teil des Dauerwissens ist. Es ist etwa in
Familien möglich, durch Gemeinsamkeit der Eindrücke idiosynkratische
Komposita richtig zu verstehen. Heringer setzt wieder ein Tollbeispiel.
Früher konnte Frau bei bestimmten Umständen ausgerufen haben: Der
Fisch! Der Fisch! Für die Beteiligten wäre es noch nach Jahren
möglich, auf diese Frau mittels Fischfrau zu referieren, wo dieses Kompositum
die Deutung hätte: Frau, die damals den Fisch gerufen hat .
Die letzte Quelle des
Laufwissens ist nach Heringer das gemeinsame Wissen. Hierzu gehört
sicherlich die Kenntnis der Bedeutung der Lexeme, aber auch das Wissen
über allgemeine Formen und Zusammenhänge der Welt, der Kultur, des
sozialen Umgangs, stereotyper Vorgangs-und Handlungsabfolgen usw. Und über
entsprechende Annahme der Individuen. In Kürschner -Theorie finden diese Aspekte
unzureichende Berücksichtigung, deswegen führt sie sehr oft zu
Fehleinschätzungen. Die semantische
Interpretation beschränkt sich bei Kürschner auf die
Oberflächenstruktur, aber sie muss schon auf der Ebene der Tiefenstruktur
wirksam sein.
Daraus
folgt, dass Probleme des von Kürschner vertretenden Ansatzes wie anderer
Paraphrasentheorien liegen vor allem darin, dass die Pro-Verben künstlich
sind und damit als Bedeutungsaquivalente problematisch, dass die
Zusammenfassung der Paraphrasen zu Gruppen und Untergruppcn willkürlich
bleibt, dass die Bedeutungen der Komposita unter- oder überbestimmt
werden. Die bei Kürschner vorgenommene Gliederung der Nominalkomposita
wird also von der lexikalischen Hypothese der Transformationgrammatik beeinflüsst.
Er geht von reinen Oberflächenkriterien (nämlich der verbalen und
nicht verbalen Herkunft der Konstituenten) aus, welche den semantischen Kern
der Sache nicht treffen und daher zu Widersprüchen führen.
Neuerdings haben H.
Ortner/ L. Ortner eine andere Klassifikation substantivischer Komposita vorgelegt.
Sie unterscheidet sich vom oben behandelten Kürschners Ansatz vor allem
dadurch, dass die Kriterien, die der Differenzierung zugrunde liegen, sind auf
jeden Fall begründet und durch viele Beispiele bestätigt. H. Ortner/
L. Ortner schlagen 20 Typen der Nominalkomposita vor.
Die Klassifikation selbst ist durch eine
Kombination der Paraphrasenverfahrens mit dem Konzept semantischer Rollen
(Kasusrollen) entwickelt worden. Dabei beruht sich auf die Paraphrasierung der
Nominalkomposita auf einer begrenzten Zahl von ,,Prädikationstypen";
repräsentiert von 14 Verben, z. B. betreffen (Rekordsuche), haben
(Henkelkorb), sein (Rebellenbischof), gehoren zu (Goethepreis). In diesem
Ansatz wird auch der Aspekt der semantisehen Beziehung zwischen den
unmittelbaren Konstituenten in Erwägung gezogen. Als semantische Rollen
von Erst- und Zweitgliedern erscheinen beispielweise Material-Mass (Sprechscheibe),
Form- Objekt (Würfelzucker), Individuum-Konsekutiv (Patientengruppe),
Teil- Ganzes (Henkelkorb), Off- Agens (Büromensch). Und schon daraus
ergeben sich folgende Kompositionstypen: komitativ (Brechdurchfall), additiv
(Tierpflanze), material (Kalkfalsen) , ornativ (Käsebrot), adhäsiv (Orchestermusik),
existential (Vulkangebiet) u.a.
Ortners
Ansatz ähnelt dem von M. Pümpel-Mader, die hauptsächlich
Adjektivkomposita und Partizipialbildungen untersucht. Sowohl bei Ortner, als
auch bei Pümpel-Mader werden Formen des Bestimmungsgliedes (A-Kostituente)
von Determinativkomposita betrachtet.
Da
heute die Tendenz zum Vorschein kommt, mehrere Wörter, sogar Wortgruppen
und Satzfragmente ins Kompositum ,,einzubauen", werden die links-, rechts-
und beiseitigtverzweigte Formtypen herausgeblldet. Diesen Formtypen entsprechen
in der Regel Komposita, die mehr als aus zwei Gliedern bestehen. Bei Ortner
findet man folgende Beispiele: Stecknadelkopfauge (mit linker
Unterverzweigung), OVP-Bundesparteileitung (mit rechter Unterverzweigung) und
Kleinkinderspielplatz (mit beiseitiger Unterverzweigung)
Ortner
findet wirklich zugängliche Kriterien für die semantische
Klassifikation der Nominalkomposita und stellt sie in einem umfangreichen
Materialkorpus zusammen. Die von H. Ortner/ L. Ortner vorgeschlagene
Klassifikation hat im Unterschied zu Kürschner, der ,,produktive
Erzeugungsmodelle beschreiben will" Interpretationscharakter. Ortners
Klassifikation hat den Vorteil, dass Komposita auch nach feineren Unterschieden
beschrieben werden.
Auch
kontextbedingte Interpretationsbeziehungen werden von Ortner nicht
übersehen. Wie weit diese gehen können wird an oft behandeltem
Beispiel wie Fischfrau mit 10 und mehr möglichen Lesearten
anschaulich gezeigt. Heringer schlägt folgende Deutungsmöglichkeiten
von Fischfrau vor:
1. Frau, die Fisch verkauft
2. Frau des Fisches
3. Frau, die im Sternbild des Fisches
geboren ist
4. Frau und Fisch (=Nixe)
5. Frau, die Fisch i(s)st
6. Frau, die Fisch produziert
7. Frau, die vom Fisch abstammt
8. Frau, die kühl wie ein Fisch
ist
9. Frau, die den Fisch gebracht hat
10. Frau, die beim Fisch steht
11. usw.
Nicht alle von
Heringer vorgeschlagene Deutungen des Wortes Fischfrau sind üblich.
Aber er erklärt seine Position dadurch, dass" es in der Linguistik
und in der Sprache um das Mögliche geht." Nie darf das Übliche
das Mögliche beschränken. Kontextlos werden solche Deutungen als mehr
oder weniger wahrscheinlich angesehen. Nur ein konkreter sprachlicher oder
aussersprachlicher Kontext kann bei der Erfassung der richtigen Deutung helfen.
Die Auffassungen von Heringer und Ortner bestätigen die Tatsache, dass man
Nominalkomposita als Kommunikationseinheiten betrachten muss. Das ist
vielleicht die Hauptbedingung, unter der eine Klassifikation gut funktionieren
könnte.
Außer
den schon behandelten Klassifikationen der Nominalkomposita gibt es noch
andere, die als traditionelle bezeichnet werden. Es ist allerdings die erste
Klassifikation von Nominalkomposita zu erwähnen. Ihr Autor ist J. Grimm,
der zwei Typen von Komposita - eigentliche und uneigentliche aussondert. Der
erste Typ ist der ältere und der zweite - der jüngere. Zur Gruppe
eigentlicher Nominalkomposita gehören nur Komposita aus Wortstämmen
(Juxtapositionen), die zugleich flexionslos sind (z. B. Tischtuch, Gasherd,
Fussboden, Tischlampe). Die uneigentlichen Komposita entstehen nach Grimm
aus der syntaktischen Verbindung von Wörtern in entsprechender flektierter
Form (in der Regel Komposita mit Fugenelementen): Freudesland,
Schweinefleisch, Liederabend, Pfaunenfeder, Holographie u. a. In der
neueren linguistischen Literatur wird diese Klassifikation immer noch
diskutiert. Grimm war der erste Sprachwissenschaftler, der sich mit dem Problem
der Differenzierung der Nominalkomposita im Deutschen beschäftigte. Heute
unterscheidet man zwei Haupttypen von Nominalkomposita - Determinativ- und
Kopulativkomposita, die ihrerseits exozentrisch und endozentrisch sein können.
Bei manchen Autoren gibt es noch Untertypen. Paul unterscheidet z. B. kopulative
Zusammensetzungen, Bestimmungszusammensetzungcn, Bahuvrihi und Dekomposita.
Neben den Bestimmungszusammensetzungen und kopulativen Komposita, die man
im 19. Jahrhundert auch als Dvandva bezeichnete, in Anlehnung an die
altindische Grammatikschreibung, klassifiziert Paul den dritten Typ, für
den man ebenfalls einen altindischen Namen hatte, sogenannte Bahuvrihi oder
possessive Komposita. Paul beschreibt sie folgendermassen: Eine Person oder ein
lebloser Gegenstand nach einem charakteristischen Teil benannt (Graukopf,
Lastermaul, Blaustrumpf, Schlapschwanz etc)
Kopulative
Komposita sind nach Paul solche Zusammensetzungen, in denen die einzelnen Teile
sich addierend zu einem Ganzen fügen, ohne dass einer der beiden Teile den
anderen bestimmt. Er sondert auch Übergangsformen zu Kopulatlvkomposita -
Zwillingsformen aus, wie Haus und Hof, Grund und Boden, Sturm und Drang etc.
Determinativkomposita
spielen nach Pauls Auffassung größere Rolle im Vergleich zu
Kopulativkomposita und werden ungleich häufig gebraucht. Diese
Kompositionsart wird dadurch gekennzeichnet, dass das Erstglied
(Bestimmungswort) das Zweitglied (Grundwort) bestimmt.
Grimm
unterscheidet terminologisch zwischen Zusammensetzungen aus zwei Wörtern,
sie nennt er ,,composita" und solchen aus mehr als drei Teilen, sie
bezeichnet er ,,decomposita" (z. B. Kompositum aus 5 unmittelbaren
Konstituenten - Donaudampfschiffahrtsgesellschaft ). Bei der Bestimmung
der Dekomposita folgt Paul der Auffassung von Grimm.
Fleischers
Klassifikation der Nominalkomposita ist der obenbehandelten diametral
entgegengesetzt. Fleischer gliedert die Determinativkomposita zunächts
nach der morphologischen Beschaffenheit und berücksichtigt dabei auch die
interne morphologische Struktur der unmittelbaren Konstituenten
(Prafixbildungen, Derivationen oder Worts tarn me). Nach Fleischer muss
semantische Kongruenz (Kompatibilität) zwischen Konstituenten ebenso
bestehen wie zwischen den Konstituenten eines Syntagmas, einer Wortgruppe oder
eines Satzes.
Charakteristisch
für die Determinativkomposita ist Reihen- oder Serienbildung mit dem
gleichen Grund- oder Bestimmungswort. Nach einem Muster entstehen immer
Neubildungen.
Nach
Fleischer muss man nicht nur das Kompositum und die syntaktisch
äquivalente Wortgruppe für sich betrachten, sondern das in einem
Attributtsatz ausgedrückte semantische Verhältnis. Damit ist die
Systematisierung der auftretenden Kombinationsmöglichkeiten zu
erleichtern.: „ Dabei müssen nur für den Satz wenige
verallgemeinerungsfähige Verben gefunden werden, und es wäre eine
Klassifikation nach diesen Verben dem Satzgliedcharakter der beiden
Konstituenten des Kompositums innerhalb des Satzes möglich." Es ist
offensichtlich, dass Fleischer vom Paraphrasenverfahren wie Ortner und
Kürschner ausgeht. Auch Motsch kommt unter diesem Gesichtspunkt zu einigen
Typen von Komposita.
(1) Subjekt
tut etwas mit Objekt ( das charakterisierende Verb tun )
Innerhalb
dieser Gruppe sind verschiedene Untergruppen moglich: z.B. 1. Glied Objekt, 2.
Glied Subjekt (Droschkenpferd - Pferd, das erne Droschke zieht), I. Glied
Subjekt, 2. Glied Objekt (Pferdewagen - Wagen, den das Pferd zieht), 1.
Glied Lokalangabe, 2. Glied Objekt (Strandanzug - Anzug, den man am Strand
trägt). Bei Kürschner steht Strandanzug unter dem Relator /benutzt/+
Lokalangabe (vgl)
(2) Subjekt
erzeugt Objekt
Auch
hier gibt es entsprechende Untergruppen, z. B. 1. Glied Objekt, 2. Glied
Lokalangabe (Brotfabrik - Fabrik, in der man Brot erzeugt; vgl. bei
Kürschner unter dem Pro-Verb /konsumier/ + ebenfalls Lokalangabe); 1. Glied
Subjekt, 2. Glied Objekt (Bienenhonig - Honig, den Bienen erzeugen).
(3) X ist Teil von Y (das
charakterisierende Verb sein)Hierher gehören Bildungen wie
Automotor, Kindskopf, Pferdekopf
(4) X befindet sich + lokale
Proposition (Feldstein, Waldblume, Wandbild; bei Kürschnerunter dem
Pro-Verb I sich befind/mit Lokalangabe}.
Stepanowa
schlägt eine ähnliche Klassifikation vor. Sie geht auch von den
Paraphrasen der Nominalkomposita aus, die in verschiedene Gruppen je nach ihren
semantischen Besonderheiten eingeteilt werden. Zu differenzierenden Merkmalen
gehören z.B. :
a) Zeitpunkt (Morgenfüihstück)
b) Dauer (Tagesabfahrt)
Beide
Kompositionsarten sind der Gruppe ,,temporal" zuzurechnen. Unter anderem
unterscheidet Stepanowa folgende Gruppen:
(1) Lokal (mit Untergruppen ~A
befind sich in B - Gartenbeet; A vollzieht sich in B - Büroarbeit; A
stammt von B ~ Landbutter; Abfahrt zu B - Kellertreppe}
(2) Final, differenzierend nach: Ort (Strandanzug); Gegenstand, Material
(Fensterglas);Lebewesen (Damenkleid)
(3) Kausal, d. h. B ist Ursache von A (Schmerzensschrei)
(4) Komparativ, d.h. A gleicht B (Goldorange)
(5) Possessiv, d.h. B besitzt A (Gemeindewald)
(6) A
besteht aus B, differenzierend nach: Material, Stoff (Lederschuh); einzelne
Elementen (Blumenstrauß)
(7) A ist Bestandteil von B (Pferdekopf)
(8) Instrumental, d.h. B ist Mittel
für A (Wasserkühlung}
(9) B
ist Thema von A (Bedeutungslehre)
(10) Erzeugung,
Hervorbringung, differenzierend nach: A erzeugt B(Bucherproduzent);B
erzeugt A (Bienenhonig)
(11) A tut etwas mit B (Agens explizit) –Obstverkäufer
(12) Mit B wird
etwas getan (Agens nicht explizit) -Kohlenabbau
(13) Mit B
vollzieht sich etwas (Druckabfall)
Die
Schwächen beider Klassifikationen liegen unter anderem bei der
Nichtberücksichtigung der Idiomatisierungtendenz: Waldblume ist ja
nicht dasselbe wie Blume im Walde (was von Heringer mehrmals betont
wird).
Somit
ähnelt Fleischers Ansatz dem Ansatz von H. Ortner/L. Ortner, der durch die
Formel ,,Paraphrasenverfahren + Berücksichtigung semantischer Rollen"
ausgedrückt werden kann.
Unter
anderem betrachtet Fleischer auch Sonderformen der Determinativkomposita, zu
denen Klammerform und verdeutlichende Komposita gehören.
Kopulativkomposita behandelt Fleischer im Zusammenhang mit dem sogenannten
Übergangstyp, dem Nominalkomposita zuzurechnen, die an der Peripherie der
Determinativkomposita stehen und nähern sich den Kopulativkomposita. Die
1. unmittelbare Konstituente (UK) hat die Funktion eines attributivgebrachten
Adjektivs, kann aber gleichzeitig auch ähnlich dem Kopulativkompositum -
als der 2. UK nebengeordnet aufgefasst werden. Diese Komposita lassen sich in
zwei Gruppen einteilen:
(1) Die 1. UK ist eine
Personenbezeichnung; das Bedeutungsverhältnis zwischen den beiden UK ist
noch eher determinativ (Brüderarmee, Brüderpartner). Eine
Verteilung der UK ist nicht möglich (*Parteibrüder, *Armeebrpder würden
nicht das gleiche bedeuten.
(2) Beide UK sind
Personenbezeichnungen; das semantische Gewicht liegt auf der 2. UK, die die
ganze Konstruktion bestimmt. Mördergeneral ist ein General, der
zugleich als Mörder betrachtet wird. Die Verteilung der UK ist
ebenfalls unmöglich:
(3) Generalsmörder- Mörder
eines Generals. Man
kann hier also noch ein determinatives Verhältnis erblicken, aber das
appositionelle Verhältnis (General als Mörder) ist nicht auszuschließen.
Außer
den Determinativ- und Kopulativkomposita unterscheidet Fleischer wie Paul
Possessivkomposita (,,erstarrte pars pro toto") und Dekomposita. Aber im
Vergleich zu Grimm und Paul verwendet Fleischer den Begriff
,,Dekomposition" nicht wie es in üblichem Verwendungszusammenhang
angegeben wird. So z. B. wird Gesellenhaus nach seinen Bewohnern,
Benutzern benannt, Wochenendhaus - nach Ziel seiner Benutzung. Zweite
Untergruppe – Identitäts-Relation beschreibt die zwischen den
Konstituenten der betreffenden Komposita bestehende Beziehung, bei der eine als
Grundwort gesetzte Bezeichnung einer Person oder Sache durch das Erstglied
näher bestimmt, determiniert wird. Das gilt sowohl fur determinative, als
auch fiir kopulative Komposita, die als ,,eigentliche
Additionswörter" bezeichnet werden.
In
der Gruppe Possessiv-Relation zusammengefasste Bildungen haben nicht zu tun mit
den bei Fleischer, Paul u. a. vorkommenden Possessivkomposita. Gersbach/Graf
fassen ,,Possessiv-Relation" im Sinne einer Zugehörigkeits-Beziehung
auf. Nominalkomposita wie Abtsgebäude, Bundesbankhotel, Clubhotel,
Bürgermeisteramt, Flurname usw. werden als dieser Gruppe
angehörige betrachtet.
Außer
den schon behandelten Typen von Nominalkomposita sind noch einige vorhanden. Z.
B. Substantiv-Komposita, denen eine Lokal-Relation zugrunde liegt (Ackerfutter,
Alpenjäger, Anlagensee, Erdbeere, Kirchplatz). Auch Komposita, die
Gruppe Temporal-Relation (Abendbrot, Alltagssorge, Fastnachtsspiel, Mettemarkt)
und der Gruppe Ganzes-Teil-Relation (Anselrute, Altarplatte,
Rehschleger, Stadelboden, Kasernenhof) angehören.
In
der vorliegenden Arbeit wurden nur einige Klassifikationen von Nominalkomposita
behandelt. Es gibt allerdings viel mehr. Angesichts der Vielfalt miteinander
konkurrierenden Ansätze ist es offensichtlich schwierig, nur einen
voranzustellen. Jede Klassifikation, wie es schon bewiesen war, hat ihre
Schwächen und Stärken. Das Eine steht aber ganz fest: heutzutage
widmen die Sprachwissenschaftler immer noch eine besondere Aufmerksamkeit der
Nominalkomposita, was davon zeugt, dass die substantivischen Komposita wichtige
Rolle in der deutschen Sprache spielen.
QUELLENVERZEICHNIS
1) Arntz, R. (1991):
Textlinguistik und Fachsparache, Georg Olms Verlag, Hildesheim.
2) Hönig, H.G.: Die
Übersetzungsrelevante Textanalyse, Snell Hornby-Verlag.
3) Neubert, A. (1990):
Textbezogene Äquivalenz, DF-Verlag.
4) Reiss, K.(2000): Der Text
und der Übersetzer, Franz Müller-Verlag.
5) Wills, W.(1977):
Textanalyse und Übersetzen, Verlag Bender-Berger.
К содержанию номера журнала: Вестник КАСУ №2 - 2005
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