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Roemische einflusse auf die herausbildung des Deutschen wortschatzes
К содержанию номера журнала: Вестник КАСУ №2 - 2008
Автор: Дуброва Н. А.
Man kann die Intensitaet der
lateinisch-deutschen Sprachbeziehungen und ihre Folgen fuer die Entstehung
einer gemeingermanischen Sprache nicht stark genug betonen. Schon in den 1 - 2.
Nachchristlichen Jahrhunderten angeknuepft, ueberdauerten diese Beziehungen
sogar den Untergang des Westroemischen Reiches. Denn in Beruehrung zwischen den
romanischen Tochtervoelkern Roms und den germanischen Staemmen, insbesondere in
dem engen Neben- und Miteinander der Galloromanen und der Franken, setzten sich
diese Beziehungen bis zu der Zeit fort, da die fraenkische Reichsteile
auseinanderbrachen.
Die lateinischen Lehnwoerter
tauchten nicht nur in den Grenzgebieten auf, sondern auch weit von denen
entfernt in Binnenraeumen. Von dem lateinischen Wortgut im Gotischen z.B. ist
manches schon in den zwei ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt uebernommen
worden, als die Goten noch an der Weichsel saßen und nirgends unmittelbar
an den lateinischen Kulturraum grenzten.
Auch die roemischen Heere waren
voll germanischen Elemente, unter den julisch-claudischen Kaisern bestanden
germanische Kohorten und Leibwachen, an zahlreichen geschichtlichen Ereignissen
auf dem italischen Boden hatten die Germanen einen Anteil. So kommt es auch in
erster Linie vor, dass zahlreiche germanische Eigennamen ueberliefert wurden,
welche uns erlauben, einen Blick in den germanischen Sprachzustand um Beginn
unserer Zeitrechnung zu gewaehren.
Bei der Ermittlung jener lateinischen
Woerter, die in germanischer Zeit uebernommen wurden, spiet die Tatsache eine
Rolle, dass sie die althochdeutsche Lautverschiebung (so etwa Pfeil,
Kessel, kaufen) und den noch germanischen Wandel von e vor n + Konsonant zu i (lat. menta - ahd. minza)
mitmachten. Auch die Eigenart der lateinischen Vorlagen kann zur Datierung
verhelfen: lat. asinus - ahd. esil, lat. camera - ahd. kamera zeigen, das die lateinischen Woerter einen kurzen Tonvokal auf wiesen im
Gegensatz zum Mittellatein, wo āsinus und cāmera lang
gesprochen wurde. Die aelteren lateinischen Lehnwoerter lassen lat. c vor hellen Vokalen als k erscheinen; dieser ging erst seit dem 5/7. Jh.
in ts ueber. Vor diesem Zeitpunkt muessten solche Woerter wie Kirsche - lat. cerēsia, Wicke - lat. vicia, Kiste -
lat. cista entlehnt sein. Manche Entlehnungen weisen ihr Alter dadurch
aus, dass ihnen solche lateinischen Woerter zugrunde liegen, die in anderen
romanischen Sprachen keine Entsprechungen haben, weil sie spaeter im gallischen
Provinziallatein aufgegeben wurden: z. B. lat. cāseus. das ahd. kāsi lieferte, wurde im Franzoesischen durch lat. formaticum - frz. fromage verdraengt. Unter den Entlehnungen aus dem Latein ueberwiegen die Hauptwoerter,
seltener sind Eigenschafts- und Zeitwoerter: dt. sicher beruht auf lat. securus,
lat. calius ergab ahd. kalo „kahl“, lat. crispus liegt
ahd. krisp „kraus“ zugrunde.
Stets bleibt zu beachten, dass
meistens Vulgaerlatein der Ausgangspunkt der deutschen Bildungen war. Auf
vulgaeren langen Vokalen, die sich aus aelteren Kurzvokalen entwickelten,
fußen ahd. scuola, aelter scōla - lat. scŏla,
ahd. krūzi - lat. crŭzem, ahd. briaf aelter *brēf - lat brĕvem. Den vulgaerlateinischen Wandel von lat. i zu e zeigen ahd. messa - vlat. messa fuer lat. missa, ahd. segan „Segen“ - vlat. segnum fuer lat. signum. Den Uebergang von lat. u zu vlat. o setzt voraus ahd. most „Most“ - vlat. mostum fuer lat. mustum. Den vulgaerlateinischen Ersatz Tenues durch Mediae
erfordern ahd. predigōn gegenueber lat. praedicare, ahd. vógat „Vogt“ gegenueber lat. vocatus, ahd. spiagal „Spiegel“ gegenueber
lat. speculum, ahd. sīda „Seide“ gegenueber lat. sēta.
Nur der dem 6./ 7. Jh. angehoerige mittellateinische Wandel von lat. c (sprich k!) vor i, e in ts macht Formen begreiflich wie
ahd. krūzi „Kreuz“ - lat. crucem, ahd. zella „Zelle“
- lat. cella. Vor diesem Wandel wurde entlehnt ahd. kellāre „Keller“ - lat. cellārium. Ahd. f fuer lat. v setzt
einen juengeren Wandel von v zu f voraus in Woertern wie ahd. viola „Veilchen“ - lat. viola gegenueber aelteren ahd. wīwāri „Weiher“ - lat. vīvārium. Im Vulgaerlatein ist n vor s geschwunden: lat expēnsa - vlat. *spēsa - ahd. spīsa „Speise“, lat. mansionarius - vlat. māsionarius - ahd. mēsinari „Mesner“, lat. conscius „bewußt“ - vlat. *cōscius „tugendhaft“ - ahd. kūski „keusch“. Dem gr. ph entspricht in
Vulgaerlatein zum Teil ein p. Diesen Wandel setzten Woerter wie ahd. ëlpfant -vlat. elepas, elepantis fuer lat. elephas, elephantis und
ahd. grīf(o) - germ *grīp - lat. gryphus „(Vogel) Greif“ voraus. Auch althochdeutsche Dingwoerter wie imno, psalmo beruhen nicht unmittelbar auf lat. hymnus, psalmus, sondern gehen
auf vulgaerlateinische Formen zurueck.
Die Herleitung auf
Vulgaerlatein hilft der Datierung und auch der Lokalisierung der Entlehnungen
im vordeutschen Sprachgebiet. Lateinisches Lehngut, das sich außer dem
Hochdeutsch nur im Niederfraenkischen, Niederdeutschen und Friesischen oder nun
in einzelnen Sprachen befindet, ist im Allgemein nicht so alt. Wenn es keine
Gegenargumente oder keinen Wortverlust gab, so rechnet man in solchen Faellen
mit Entlehnungen fruehestens von Ende des 4. Jhs. an. Zwischen dem 1. und 4.
Jhn. veraenderte sich die lateinische Sprache erheblich stark. Und wie es schon
erwaehnt wurde, stammen viele Alltagswoerter aus dem Vulgaerlatein, der
Alltagssprache der roemischen Siedler, die sich von Landschaft zu Landschaft
sehr verschieden auspraegt und die in Laut-, Formen- und Wortgut vom
klassischen Latein stark abweichen konnte. Dieser Zustand ist nicht bezeugt,
aber in der Dialektologie Frankreichs und Belgiens nachweisbar und dadurch
wurde bestaetigt, dass sich ein ziemlich großes Lehngut in vor- und
althochdeutsche Sprache eindraengte.
Ein weiteres roemisches
Einflußzentrum entwickelte sich in Stadt und Siedlungsraum Trier. Der
breite roemische Kulturstrom, der sich von Italien ergoß, verzweigte sich
in Gallien und gelangte von Sueden her auf der Moselstraße auch in das
weite Trierer Becken. Besonders zu der Zeit, als Trier die Machtstellung einer
Hauptstadt des Roemischen Reiches genoß und in der Nachwirkung noch lange
nachher strahlten von hier starke Kulturanregungen zum Mittelrhein und wohl
auch in das Maintal aus.
Krieg und Militaerdienst,
Rechtspflege und Handelsverkehr, die auch die Beziehungen im Privatleben
hervorriefen, sind die Faktoren, die eine Beruehrung von Germanischen mit dem Latein
notwendig bedingten.
Caesar spricht von roemischen
Kaufleuten bei den Ubiern(?) und sueben, und Tacitus bezeugt bei manchen
germanischen Staemmen roemischen Handel. Ein beliebter Handelsartikel war der
Wein. Ein klassisches Zeugnis dafuer ist das Wort selbst: got. wein -
lat. vînum ist eine der fruehersten germanischen Entlehnungen aus
dem Latein. Man duerfte zugleich vermuten, dass manche altgermanischen
Lehnwoerter, die sich auf Weinkultur beziehen nicht viel spaeter bei den
Germanen aufkamen: lat. calactūra - ahd. calctura „Kelter“,
lat. calix - ahd. kelih „Kelch“, lat. bicârium -
ahd. behhari „Becher“, lat. lagēna - ahd. lāgilla „Faeßchen“, lat. mustum - ahd. most „Most“, lat. lôrea ahd. lûria, lat. vindêmiae - ahd. wintimma „Weinlese“, lat. pressa - ahd. fressa „Kelter, Presse“, lat. cellârium - ahd. kellâri „Keller“, lat. piluccare „Trauben abbeeren“
- nhd. pfluecken, lat. tractarius - ahd. trahtâri „Trichter“, lat. asêtum - ahd. ezzig „Essig“, lat. vinitor - nhd. Winzer, lat. lōra - ahd. lūra „Lauer“,
lat. miscere - ahd. miskan. Hier erklaert sich auch got.-germ kaupôn „kaufen“ aus lat. caupo.
Aus Tacitus „Germania“ ergibt
sich auch, dass unter den Germanen die roemischen Muenzen zirkulierten. Dazu
gibt es folgende Entlehnungen von lat. monêta - ahd. muniza „Muenze“, lat. siliqua - ahd. silihha, lat. assârius - got. assârjus, lat. denârius - angls. dinére,
lat *tremissis - angls. trimis usw. Hierher kommen auch die
Entlehnungen fuer Bezeichnungen von Maßen und Gewichten wie lat. mîlia - ahd. mîla „Meile“ oder wie lat. pondo - got. pund „Pfund“, lat. modius - ahd. mutti „Scheffel“, lat. sextarius - ahd. sëhtari „Sechter“. Auf dieses Bereich gehoeren auch ahd. mangōn „handeln“ und mangāri „Haendler“ (zu lat. mango „(Sklaven)
Haendler“), in Koeln gibt es noch heute eine „Fleischmengergasse“. Hierhin wohl
auch lat. saccus - ahd. sac „Sack“, lat. corbis - ahd. korb „Korb“, wie auch die Namen der Lasttiere der die Germanen besuchenden Haendler:
lat. asinus - ahd. esil „Esel“, lat. mūlus - ahd. mul „Maul(tier)“.
Durch den Handel auf dem Meer
entleh-nten die Germanen sehr viele Woerter aus Schiffahrt und Fischfang an der
Nordsee, Rhein und Donau. Das sind lat. ancora - ahd anchar „Anker“ und nicht mehr altes ahd. senchil (ein Stein statt Anker), lat. sagêna - ahd. segina „Segen“, lat. nâvis - ahd. nave „Naue“, lat. rêmus - ahd. riema „Riemen“, lat. plectrum - angls. pliht, lat. stroppus - angls. stropp, lat. catēna - ahd. ketina „Kette“.
Eng mit dem Handel war auch
militaerischer Austausch verbunden: roemische Soldaten waren auf dem
germanischen Boden und umgekehrt. Auf solche Weise wurden aus staatlichem,
staedtischem und militaerischem Bereich zahlreiche Woerter ins Germanische
uebernommen. Man denkt dabei an lat. caesar - ahd. keisar „Kaiser“, lat. mîlîtâre - got. militôn,
lat. pilum - nhd. Pfeil, lat. hosta - ahd. ast „Lanze“, lat. miles - ahd. miliz, lat. campus „Schlachtfeld“ - ahd. kampf „Kampf“. Roemisches Staedtewesen gab den
Anlaß zur Uebernahme von lat. vîcus - angls. wic,
lat. portus - angls. port „Stadt“. Lat. castra - angls. caester deutet darauf hin, dass dauernde Kriegslager zu festen Plaetzen wurden. Auch
lat. colônia koennte uebernommen worden (vgl. mit Ortsnamen
Koeln). Zu diesem Gebiet gehoeren auch die Entlehnungen von lat. strâta - ahd. strâzza „Straße“, lat. vallum - ahd. wal(ll),
das die Germanen in der Bedeutung „Lagerwall“ kennen lernten, lat. palus - nhd. Pfahl, das auch den Namen fuer den Limes, des Pfahlgrabens,
lieferte.
Einzelne Entlehnungen gehoeren
speziell zur Reit- und Wagenkunst. Bekannteste davon sind schon erwaehnte mūlus - ahd. mul, weiter lat. maurus - ahd. môr „Pferd“,
lat. equus pagânus - westfael. page „Pferd“, lat. paraverêdus - ahd. pferit, lat. carrus carrûca - ahd. karro karrûh, gallat. sambûka - ahd. sambûh „Saenfte“.
Bereich des Staats- und
Rechtswesens ist nicht so zahlreich dargestellt. Lat. tribūtum -
ahd. tribuz, lat. telōneum - vlat. tolōneum -
ahd. zol(l) „Zoll“, vlat. tōlōnarius - ahd. zolonari „Zoellner“, lat. causa - ahd. kōsa „Rechtshandel“, lat. carcer - ahd. karkāri „Kerker“.
Sehr erheblich war der
Einfluß, den der roemische Landbau und Gartenbau auf die Germanen gewann.
Dem Bereich des Ackerbaus entstammen ahd. sihhila „Sichel“ - nordital. *sicila / lat. secula, ahd. seh(h) „Sech“ - lat. secum,
ahd. flegil „Flegel“ - lat. flagellum. Mit dem Gartenbau haengt
zusammen die Entlehnung von lat. caulus - ahd. kōl „Kohl“,
lat. rādix - ahd. rātih „Rettich“, lat. cucurbita - ahd. kurbiz „Kuerbis“, lat. cuminum - ahd. kumīn „Kuemmel“, lat. sinapis - ahd. sènef „Senf“, lat. menta - ahd. minza, lat. bēta - ahd. bieza „(rote) Beete“,
lat. cerēsia - ahd. kirsa „Kirsche“, lat. prūnum - ahd. pfrūma „Pflaume“, lat. cydonium, quydonium -
ahd. chutina „Quitte“, lat. propāgo „Setzling“- ahd. pfropfo, pfroffo „propfen“, lat. persica - ahd. pfërsich „Pfirsich“. Man kann nicht genau sagen, ob zu dieser Zeit die Obstbaeume bei den
Germanen verbreitet wurden oder sie uebernahmen die Benennungen zusammen mit
Einbuergerung von diesen Baeumen. Es ist nur im Bezug auf die Kirschbaeume
festgelegt, dass es bei den Germanen gab und im Rheingebiet verbreitet wurde.
In der um 1060 entstandenen
„Winer Genesis“ wurden viele Pflanzennamen eingefuehrt, die man nicht
uebersehen koennte.
Sinamin unt zitawar,
galgan unt pheffar,
balsamo unt wirouch,
timian wachset der ouch
(auch Timian waechst dort)
mirrun alsi vile
so man da lesen wile,
crocus und ringele
tille ioch (und) chonele,
mir dem fenechele
diu suoze lavendele,
peonia diu guota,
salvaia und ruta,
nardus und balsamita,
der stanch wachset so wita
(deren Duft breitet sich so
weit aus),
minz unte apphich,
chres unt lattouch,
astriza und wichpoum
haben auch suozem toum.
(in bairisch - oesterreichischem Mundart)
Das war eine Beschreibung von
Paradies. Viele Pflanzen nannte der Autor doch mit ihren lateinischen Namen wie nardus „Narde“ oder gr. crocus, balsamita, peonia und ruta „Raute“. Lateinische Woerter lavendula, salvegia trugen schon ihren deutschen Aussehen wie lavendele und salvaia.
In anderer Gruppe wie pheffar, fenechele, minz, epphich und lattouch liegen auch die lateinischen Benennungen zugrunde, die aber
schon nicht so leicht erkennbar sind: piper, feniculum, menta, apium, lactuca. Diese Woerter nahmen an der Lautverschiebung
teil, deren Beginn um 6. Jh. setzt, d.h. diese Woerter sollten frueher
angenommen werden.
Aus dem Privatleben uebernahmen
die Germanen folgende Woerter: lat. coquīna - vlat. cocīna - ahd. chuhhina „Kueche“, lat. coquus - vlat. coco - ahd. koch „Koch“, lat. coquere - ahd. kochān, lat. catīnus - ahd. kezzil „Kessel“, lat. diskus - ahd. tisk „Tisch,
Schuessel“, lat. scutella - ahd. scuzzila „Schuessel“ und andere Gebrauchsgegenstaende
wie lat. mensa - ahd. mias „Tisch“, lat. scrīnium -
ahd. scrīm „Schrein“, lat. arca - ahd. (buoh) arahha „Kasten, Kiste“, lat. cista - ahd. kista „Kiste“, lat. sarcophagus - *sarcus - ahd. sarh „Sarg“, lat. carrus - ahd. carro „Karren“, lat. carruca - ahd. karruh „Korch“, lat. pulvinus - ahd. phulīwi „Pfuhl“, lat. coxinus „Sitzkissen“ - ahd. chussi(n)
„Kissen“, lat. theca „Huelle, Decke“ - ahd. zihha „Zieche“, lat. charta - ahd. charza, kerza „Kerze“, lat. tabula - ahd. zabal „Spielbrett - Schachzabel“.
Die Entlehnung lateinischen
Wortguts deutet nicht immer auf die Uebernahme einer den Germanen unbekannten
Sache; z.T. koennte es um einige Modewoerter handeln oder um die Bezeichnungen
fremden Formen eines den Germanen laengst bekannten Kulturguts. Haeufig
verdraengten die entlehnten Ausdruecke die heidnischen Bezeichnungen. Das
Fremdwort Kessel grub mit der Zeit dem gleichbedeutenden althochdeutschen
Erbwort hwer das Wasser ab. Ahd. riemo aus lat. remus verdraengte
das germanische Erbwort, das uns in eng. oar „Ruder“ faßbar
bleibt. Ahd. mias „Tisch“ aus lat. mensa und ahd. disk „Schuessel, Tisch“ aus lat. discus wurden die Gegner des synonymen ahd. biutta,
das noch als „Beute“ in den Mundarten weiterlebt. Der Tisch der Germanen war
eine kleine Holzplatte auf einem Gestell, die beim Mahl vor jedem aufgestellt
wurde. Ahd. kāsi aus lat. cāsus bezeichnete zunaechst
den festen Labkaese im Gegensatz zum Fließenden Sauermilchkaese, dessen
germanische Bezeichnung *justa noch in nordischen Sprachen lebt und mit
lat. jūs „Bruehe“ urverwandt ist.
Wenn man die Entlehnungen
betrachtet, soll man zwei wichtige Gruppen von Bezeichnungen nicht außer
Betracht lassen. Sie entstanden in sehr alter Zeit (als ererbt oder entlehnt),
sind aber bis heute fortererbt. Das sind die Bezeichnungen fuer Wochen- und
Festtage. Diese Gruppen erlauben uns, die Einwirkungen aus der Antike und aus
dem Christentum in einem zu beobachten, weil eine Gruppe von diesen Woertern
antik- heidnischer Herkunft und andere vom christlichen Ursprung ist.
Die siebentaegige Woche
gelangte dem Abendland auf verschiedenen Wegen. Sie kam zuerst aus Orient nach
Griechenland durch Alexanderreich. Da aber dann spaeter das Christentum auch
die siebentaegige Woche uebernahm, verbreitete sie sich im ganzen Abendland.
Die Namen der Wochentage stammten hier noch aus dem Heidentum und waren auch
weit verbreitet. Obwohl die Tage ihre orientalische (meist haldaeische) Namen
hatten, wurden die gegen einheimischen eingetauscht. So wurde aus dem
babylonischen Tag des Merodach (Marduk) in Griechenland der Arestag,
in Rom der Tag des Marses (frz. mardi), und aus dem Tag der
Astarte der Tag der Aphrodite oder der Venus (frz. vendredi).
Als die Germanen mit den Roemern in Beruehrung kamen und deren
Wochentagseinteilung kennen lernten, setzten sie die germanische Goettin Freia (ahd. Frîa) der roemischen Venus gleich und nannten ihren Tag
den Freitag - ahd. frîatag. Im ahd. donarestag, dem
heutigen Donnerstag, wurde der germanische Gott Donar an die
Stelle des roemischen Jupiter gesetzt (lat. Jovis dies „Tag der
Jupiter“, frz. jeudi).
Obwohl ohne Begruendung, wurde
es aber angenommen, dass die Ausbildung der germanischen Wochentagsnamen nach
dem roemischen Muster erst im 4. Jh. erfolgt sei. Um es so einen Namenumtausch
gaebe, sollte es zwischen beiden Voelkern ziemlich starke Kontakte geben. Auch
die Verbreitung der germanischen Bezeichnungen im Nordseegebiet laeßt an
eine relativ fruehe Entstehung denken. Es zeigen auch mehrere archaeologische
Funde in der roemischen Provinz Untergermania. Mit Beginn dieser Entwicklung
haette man also schon im 2. Jh. zu rechnen und der 4. Jh. gilt als allerletzter
Termin.
Wurden Jupiter und Venus mit Donar und Freia verglichen, so fand man Mercurius, den
roemischen Gott des Handels und Wandels, der reisenden und wandernden
Kaufleute, in den goettlichen Wanderer Wodan wieder. Daher enthielt der Merkurtag (frz. mercredi) die germanische Bezeichnung *Wodanstag, die im
Englischen als wednesday, im Westfaelischen als Gudendag bis
heute lebt.
Lehrreich ist die
Namensgeschichte des Marstages. Dem roemischen Kriegsgott wurde der
germanische *Tîwas - ahd. Zîo gleichgestellt. Das
Wort ist verwandt mit griechischem Zeus, lat. Diespiter. Sein Tag
heißt noch heute in Suedwestdeutschland Ziestag, ahd. zîostag,
und in England tuesday. Es ist auffallend, dass am Niederrhein und von
dort ausstrahlend nach Westen in das Niederlaendisch-Flaemisch und nach Osten
ins Nieder - und Mitteldeutsch hinein ein anderer Name verwendet wurde. Es ist
das Wort Dienstag. Das kann nur auf einen urspruenglich germanischen
Beinamen des Kriegesgottes zurueckgehen. Dieser Gott wurde auf zahlreichen von
Soldaten gesetzten Altaeren im Niederrheingebiet als Mars Thiuxis bezeichnet. Es ist nicht ermittelt, ob Thinxus ein anderer Gott als Tiwas - Ziu war, oder ob es sich nur um einen Beinamen handelt, der eine besondere
Seite seines goettlichen Wesens benennt.
Gerade die Bezeichnung des Diensttages hat noch weitere Fragen gestellt. In bairisch-oesterreichischen Mundarten
heißt dieser Tag bis heute Erchtag oder Ertag, aelter Erntag,
altbair. erintag. Auch drin verbirgt sich Gottesname. Hier ist es nicht
mehr der roemische Mars, sondern seine griechische Entsprechung Ares,
die in diesem bairischen Dialektwort erhalten geblieben ist. Da heißt
auch Donnerstag noch heute Pfinztag, was auch griechisch pémpte
heméra „der fuenfte Wochentag“ in seinem ersten Teil entlehnt, in
zweitem uebersetzt worden ist. Fuer den Freitag gilt altbair. pferintag,
und das ist eine Entlehnung aus dem griechischen paraskeué „Ruesttag, Vorbereitungstag“. Die Bayern hatten aber niemals eine unmittelbare
Beruehrung mit den Griechen, und auch die Lautformen lassen es erkennen, dass
sie nicht aus dem Griechischen selbst entlehnt wurden. Diese Woerter kamen zu
den Bayern durch Goten, die diese Bezeichnungen von den Griechen uebernahmen.
Wenigstens zwei der drei aus
dem Gotischen stammenden Wochentagsnamen gehoeren zu der juengeren Schicht an.
Damit haben wir was schon mit christlichen Anschauungen zu tun. In Pfinztag und pferintag sehen wir schon die Namen der heidnischen Goetter
verdraengt. Zeus, das Oberhaupt des altgriechischen Goetteshimmels,
wurde griechischen Christen unertraeglich; der Tag wurde nicht mehr nach ihm
genannt, sondern als „fuenfter“ gezaehlt. Die Liebesgoettin Aphrodite wurde den Tag auch enteignet und als Vorbereitung auf den Sabbat bezeichnet.
Erst in christlicher Zeit koennten also die Goten diese Benennungen uebernehmen
und weiter an die Bayern etwa um 6. Jh. leiten.
Verwickelt ist die Geschichte
des Wortes Samstag, ahd. sambaztag. Das hebraeische Sabbat- Wort
war in der Form sabbaton ins Griechische gelangt, wo sich eine
volkssprachliche Nebenform entwickelt hatte. Diese musste auch im Gotischen
(aehnlich im Altslawischen) etwa in der Form *sambatdags gelten. Von
dort wurde sie zu den Bayern gelangt. Dies Wort ist aber im ganzen Abendland
bekannt (frz. samedi). Von Goten aber ist das nicht moeglich. Deswegen
koennte man noch an einen westlichen Weg denken: es gab in Rhonetal, in Lyon
und auch in Trier große griechische Christengemeinden.
Neben dem Wort Samstag,
das den deutschen Sueden und Suedwesten voellig durchdrang, findet man noch in
den kuestengermanischen Mundarten die viel aeltere Bezeichnung Saterdag.
Fuer den roemischen Saturn fand man keine Entsprechung, und daher wurde
dieser Tagesname, lat. Saturni dies, sogar unuebersetzt angenommen: eng. saturday, westfael. Saterdag. Aber ein viel ernsthafterer
Konkurrent erwaechst dem Suedwort in der noch juengeren Bezeichnung Sonnabend.
Das Wort kam zuerst nur in zwei Bereichen vor, naemlich in Westfriesenland und
in Hessen- Thueringen, von wo aus es sich spaeter ueber Nieder- und
Mitteldeutschland verbreitete. Friesland und Hessen aber waren die beiden
bevorzugten Missionsgebiete der Angelsachsen im 8. Jh. Da man im Altenglischen
neben dem alten saeternesdaeg auch die christliche Praegung sunnanaefen bezeugt, kann es nicht anders sein, als dass ahd. sunnûnâband nach diesem Muster geschaffen ist. Gemeint war damit zunaechst nur das
kirchliche Feuer aus Vorabend des Sonntages, aber bald wurde der ganze Tag mit
den Namen bezeichnet.
Ein weiterer Wochentagsname
fuehrt man in die althochdeutsche Zeit hinein. Der Wodanstag mußte
den christlichen Ohren besonders anstoeßig klingen. Trotzdem fand man
dafuer eine lange Zeit hindurch keinen geeigneten Ersatz. Die heutige
Bezeichnung Mittwoch ist anfangs nur im Sueden greifbar, ist also gegen
Ende der althochdeutschen Zeitperiode bezeugt. Dieses mittawecha ist
genaue Uebersetzung des kirchenlateinischen und griechisch beeinflußten media hebdomas „Wochenmitte“, eine Bezeichnung, die noch heute in
norditalischen und raetoromanischen Mundarten als christlicher Ersatz fuer Mercurii dies vorkommt. Die Art der Wortbildung, Glied fuer Glied Uebersetzung,
sieht nach gelehrter Schoepfung aus.
Unerschuettelt stehen von
Anfang an die Namen Sonntag und Montag, ahd. sunnûntag und mânatag. Auch sie sind lateinischen Vorbildern Solies dies und Lunae dies (frz. lundi) nachgebildet und gehoeren zu der
aelteren Namensschicht. Da aber Sonne und Mond bei den Germanen nicht als
Goetter verehrt wurden, blieben die Namen unveraendert auch beim Christentum.
Es ist nicht ganz
ueberfluessig, die Wochentagsnamen in die Kategorie des Lehnguts einzuordnen.
Zum Lehngut gehoeren sie natuerlich alle, da kein einziger von diesen Namen
spontan entstand. Lehnuebersetzungen sind die Woerter wie Sonntag und Montag,
insofern als es sich beim Uebergang von lat. sol, luna zu Sonne, Mond um
einfache Wortgleichungen handelt. Anders steht es mit den Bildungen wie Wodanstag und Freitag, in denen germanische Goetternamen erhalten sind. Das sind
keine einfachen Uebersetzungen, weil zu ihrer Bildung die fremde Vorstellung
mit dem heimischen verglichen werden muss. Am ehesten wird man diese Gruppe zu
den Lehnuebertragungen rechnen koennen.
Eine Fuegung wie Saterdag wird man am besten unter die Lehnwoerter einordnen. Streng genommen ist nur der
erste Teil des Kompositums, das sogenannte Bestimmungswort, ein Lehnwort im
eigentlichen Sinne, der zweite Teil, das Grundwort, dagegen ist uebersetzt. In
der gleichen Zwischengruppe befinden sich auch die gotischen
Wochentagsbezeichnungen *areinsdags, *pintdags, *pareinsdags und *sambatdags gegenueber den griechischen Vorbildern.
Ahd. sunnûnâband ist eine Lehnuebersetzung aus dem nahe verwandten ae. sunnanaefen.
Lehnuebersetzung ist auch mittawecha vom lat. media hebdomas.
Von den drei großen
Kirchenfesten Weihnachten, Ostern und Pfingsten tragen die
beiden ersten germanische, das dritte einen aus dem Griechischen entlehnten
Namen. Es steckt darin das griechische Zahlwort pentékosté (hémera) „der fuenfzigste (Tag nach Ostern)“. Im westroemischen
Christentum galt dafuer am Anfang die Uebersetzung quiquagesima; erst im
6. oder 7. Jh. drang sich auch in die lateinische Kirche die griechische
Bezeichnung durch. Waere das griechische Wort aber danach erst ins Deutsche
entlehnt, so koennte es kaum die Lautverschiebung von p zu pf mitmachen. Die Nordseemundarten nahmen an der Lautverschiebung nicht teil, aber
asaechs. pinkaston und afries. pinkosta stimmen jedenfalls im der
starken Vereinfachung des griechischen Wortes mit dem Althochdeutschen
ueberein. Anders steht es mit ae. pentecosten, das die griechische
Lautform unversehrt bewahrte. Die deutschen und friesischen Formen sprechen
dagegen fuer Entlehnung aus dem Gotischen. Man findet im Bibelgotischen nur die
korrekte Entlehnung paintekuste, aber die gotische Volkssprache wandelte
den Festtagsnamen sowieso wie die Namen der Wochentage um.
Der einzige althochdeutsche
Beleg des Festtagsnamen findet sich in einer alemannischen Glossenhandschrift
von Anfang des 9. Jhs. in der Form fimfchustim. Das ist zweifellos keine
volkstuemliche Benennung, sondern eine gelehrte Spielerei. Der Uebersetzer
wusste, dass gr. pente „fuenf“ bedeutet; dass aber die griechische
Bezeichnung nur eine Zahlwort sei, war ihm nicht bekannt, und so Entlehnte er
den Rest des Wortes lautgerecht.
Wie bei dem Wort Pfingsten dachte man auch bei dem Namen des Osternfeiers an gotische Herkunft. Zwar
heißt das Fest in der gotischen Bibel paska, aber die Volkssprache
koennte auch andere Wege gehen. Wohl aber steht sehr weite geographische
Verbreitung dem Entlehnen aus dem Gotischen entgegen. Es ist als ahd. ôstarûn,
ae. éastron bezeugt, und es gibt kein gerechtes Beispiel, das ein
gotisches Wort England erreicht haette. Man vertritt die Ansicht, der Name des
Festes sei bei den Angelsachsen entstanden (von der Fruehlingsgoettin Eostrae)
und mit deren Missionstaetigkeit nach Deutschland gelangt. Aber altsaechsisch
und altfriesisch heißt Ostern pascha, im Westfaelisch paschen.
Wenn das Wort von Angelsachsen gebracht wurde, sollte es im ganzen Deutschland
gelten. Außerdem hat die These, die Bezeichnung haenge mit dem Namen
einer germanischer Fruehlingsgoettin zusammen, auch eine etymologische
Schwaeche. *Austrê (so mueßte der Namen lauten, daraus wird
ein nicht bezeugter ahd. *Ostara konstruiert) ist mit lat. aurura,
altind. ustra „Morgenroete“ verwandt, und es gibt eine Reihe
etymologisch zugehoeriger Woerter in den indogermanischen Sprachen, deren
Bedeutung auf die Morgenfruehe hinweist. Kein einziges Beispiel ist dagegen
vorhanden fuer den Bedeutungsuebergang von „Tagesanfang“ zu „Jahresanfang“, den
die Deutung des Oster-Wortes als alte Bezeichnung eines Fruehlingsfestes
voraussetzt. Man fand doch den Ausgang aus dieser Schwierigkeit. In der
fruehmittelalterlichen Kirche war Ostern das hohe Fest, an dem die neubekehrten
getauft wurden. Mit der Gemeinde durchwachten sie mit Gebet und Gottesdienst
die Osternacht in der Kirche, bis der Tag und damit der Beginn des feierlichen
Taufaktes heranbrach. Das Tagesgrauen heißt lat. albae (frz. aube „Tagesanbruch, Morgegrauen“). Danach scheint in der volkstuemlichen Sprache
altromanischer Christengemeinde albae genannt worden zu sein, und das ahd. ôstarûn,
ae. éastron mit der Grundbedeutung „Morgenroete, Tagesanbruch“
waere davon eine ganz genaue Lehnuebersetzung.
LITERATURHINWEIS
1. Bach A. Geschichte der deutschen
Sprache.-Heidelberg, 1970. - 564s.
2. Becher W. Die Kirchen in
der deutschen Geschichte. - Stittgart, 1996. – 235 s.
3. Binder W., Moser H. Die
Bezeichnungen für das christliche Gotteshaus in der deutschen Sprache des
Mittelalters.-Berlin, 1966. – 165 s.
4. Eggers H. Deutsche
Sprachgeschichte. - Reinbeck bei Hamburg, 1986. - B.1, 478 s.
5. Fried J. Der Weg in der
Geschichte// die ursprünge Deutschlands bis 1024. - Berlin: Ullstein,
1998. - 876s.
6. Hubertus Deutsche
Geschichte.Der Weg des Reiches in Zwei Jahrtausenden. - Frankfurt am Main,
1950. - 437s.
7. Hutterer C.J. Die
germanischen Sprachen. Ihre Geschichte in Grundzügen. - Budapest,
1975.-421s.
8. Kluge F.
Urgermanisch//Vorgeschichte der altgermanischen Dialekte.-Verlag von Karl J.
Trübner, 1913. – 496 s.
К содержанию номера журнала: Вестник КАСУ №2 - 2008
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